Einfachheit – die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren – ist essenziell.
In der Softwareentwicklung, genauer dem Extreme Programming, wird dieses Prinzip auch „YACNI“ genannt. Dieses Akronym steht für „You Ain’t Gonna Need It”, was sich übersetzen lässt mit: „Du wirst es eh nicht brauchen“. In vielen Unternehmen gibt es geflügelte Worte für Aufwände, die diesem Prinzip der Einfachheit widersprechen. Beispiele hierfür sind „Goldener Henkel“, „Sonderlocke“ oder „Schmuck am Nachthemd“. Gemeint sind damit Arbeiten, Prozessschritte oder Produkteigenschaften, deren Nutzen nicht im Verhältnis zum Aufwand steht oder die überhaupt keinen Nutzen haben.
Im Agilen Projektmanagement sollen solche Aufwände grundsätzlich vermieden werden. Dies wird durch verschiedene agile Techniken erreicht.
Auf Ebene des Prozesses werden regelmäßig Retrospektiven durchgeführt. Diese dienen auch dazu, Reibungsverluste im Prozess und der Zusammenarbeit des Teams aufzuspüren und dann mögliche Optimierungen daraus abzuleiten.
Auf Ebene des Produktes werden User Stories genutzt, um Anforderungen zu beschreiben. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die bewusst grobe Beschreibung der Anforderungen. Dadurch werden zunächst einfache Lösungen erstellt, die die Kundenanforderungen der User Stories erfüllen. In einem anschließenden Review werden die Lösungen vom Kunden durchgesehen und gegebenenfalls nachgeschärft. Somit kann in der Praxis häufig Mehrarbeit bzw. Blindleistung vermieden werden.
Auf Basis der vorhandenen einfachen Lösungen kann der Kunde häufig besser beurteilen, was ihm bereits genügt und an welcher Stelle doch noch weitere Funktionalität im Produkt nötig ist. Die „goldenen Henkel“ können also in den ersten Produktversionen bewusst weggelassen werden, da weder beim Team noch beim Kunden der Anspruch besteht, dass die einfache Lösung bereits die letztendliche ist.
Dieses Prinzip ist sicher eines der grundlegendsten. Auch auf Ebene des Prozesses verfolgen in gewisser Weise die meisten agilen Techniken das Ziel, den Aufwand für das, was mit ihnen erreicht werden soll, möglichst geringzuhalten. So ist z. B. Planning Poker eine Technik, die zum Ziel hat, mit möglichst geringem Zeiteinsatz zu realitätsnahen Schätzungen zu gelangen.
Auf Produktebene gibt es allerdings auch eine Schwierigkeit mit diesem Prinzip. Bei manchen Produkten kann dieses Prinzip einer möglichst kostengünstigen Entwicklung widersprechen.